Schollene l „Ach, so ein Mückenstich tut mehr weh“, kommentiert Gertrud Ruge lachend die Spritze, die der Arzt ihr gerade gegeben hat. Hausarzt Ben Güldenpfennig hat an diesem Nachmittag seine Sprechstunde abgesagt, um zusammen mit seiner Krankenschwester Bettina Wilke das Stendaler Impfteam zu unterstützen. Das verkürzt die Wartezeit. Der Speiseraum des Seniorenwohnparkes ist in ein Behandlungszimmer umfunktioniert, alles läuft wie am Schnürchen. Senioren kommen und gehen, Pflegende und Mitarbeiter ebenso. 42 Impfungen sind es, die an diesem Tag zum zweiten Mal verabreicht werden.

Nicht nur, dass der kleine Pieks kaum zu spüren war, „auch hinterher hatte ich gar keine Beschwerden“, erinnert sich Gertrud Ruge an die erste Spritze vor drei Wochen. „Wenn ich die Grippe-Impfung kriege, bin ich hinterher meist eine Woche lang kränklich.“ Auch wenn Corona jetzt für Einschränkungen im Heim sorgt – „die Schwestern machen einen tollen Job, sie haben es ja auch nicht leicht in dieser Zeit“. Gertrud Ruge fühlt sich wohl im Heim. Bis vor einem Jahr hatte sie zu Hause gelebt, ihr Mann ist 2015 verstorben. Die Tochter kümmert sich zwar rührend, ist beruflich aber viel unterwegs. „Ich bin ein paar mal hingefallen, hab mich dabei auch verletzt. Außerdem ist der Weg zum Einkaufen von unserem Haus am Ortsrand in die Ortsmitte doch recht weit – es war besser, hierher umzuziehen.“ Eine sehr gute Entscheidung, resümiert sie. „Ich habe ein schönes Zimmer und immer jemanden zum Reden“, lächelt sie die neben ihr sitzende Hilde Grohs aus Ferchels an, „sie ist eine richtige Freundin geworden, wir plaudern viel auch über alte Zeiten. Und wir sprechen uns auch mal Mut zu und muntern uns auf.“

Die 86-jährige Gertrud Ruge war 38 Jahre Lehrerin an der Schollener Schule, hat „alles außer Chemie und Physik“ unterrichtet. Anderen zuzuhören, auch mal gute Ratschläge zu geben oder bei Kleinigkeiten zu helfen, ist ihr bis heute wichtig, „das macht mir einfach Freude und es ist schön, gebraucht zu werden“. Wichtig ist der 86-Jährigen auch der tägliche Spaziergang mit Rollator auf dem Gelände des Wohnparks, „den lasse ich mir auch bei schlechtem Wetter nicht nehmen. Eine Stunde jeden Tag gehe ich raus, ich will ja nicht einrosten. Und wenn es regnet, drehe ich meine Runden unter dem Pavillon. Man muss aus allem das Beste machen!“

Wichtiger Schritt zurück zur Normalität

Auch wenn die Bewohner Dank guter Organisation und größter Vorsicht einen geregelten Tagesablauf haben und auch – zuvor negativ getesteten – Besuch empfangen dürfen, so freut sich Gertrud Ruge schon auf die unterhaltsamen Feste, die die Heimleitung zu allen sich bietenden Anlässen organisiert. „Die Impfung ist ein wichtiger Schritt“, blickt Heimleiterin Marika Jaworsky hoffnungsvoll nach vorn. „Wir sind froh und äußerst dankbar, dass wir den Weg in die Normalität schon so weit gehen durften. Aber: Die Hygienemaßnahmen bleiben natürlich bestehen. Mundschutz und Abstand sind wichtiger denn je. Denn es gibt Bewohner und auch Mitarbeiter, die aus medizinischen Gründen nicht geimpft werden konnten. Auch Bewohner, die neu in die Einrichtung kommen, haben diesen Schutz nicht. Wichtig ist, dass alle gesund und bei guter Laune bleiben.“

Gute Laune herrschte auch beim Impfen, Zeit für ein paar nette Worte war immer. Ben Güldenpfennig erzählte, dass seine Sprechstunden zwar unter strengen Hygienevorschriften, aber ansonsten ganz normal ablaufen.